Medienspiegel Langnau Jazz Nights 2015 - page 13

Medienspiegel
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unter anderem in vormoderner japanischer und
chinesischer Kunst investiert: Keramiken, Kalligra-
fien, buddhistischen Statuen, Paravents, kostbaren
Tatami-Matten im Beispiel eines Teezimmers: da
die Schriftrolle mit einer Tusch-Pinselzeichnung in
der Wandnische, dazu der eiserne Wasserkessel,
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Martin Kubaczek.
geboren 1954, lebt als Schriftsteller und Literatur-
vermittler in Wien. Vor kurzem ist in der Edition Korrespondenzen der
Gedichtband «Nebeneffekte» erschienen.
Die Kupferschmiede als Kaderschmiede
Die Langnau Jazz Nights bringen für das 25-Jahre-Jubiläum Stars und Nachwuchs gleichermassen auf die Bühne
Florian Bissig
V
Gemischt und erstaunlich jung ist
das Publikum, das sich in der Spielstätte der Kup-
ferschmiede für die Konzerte der Langnau Jazz
Nights einfindet. Dass sich die Reihen nicht allein
mit den Ergrauten füllen, von denen nicht wenige
dem Festival seit 25 Jahren die Treue halten, liegt
am Konzept der Jazz Nights. Ein Grundbestandteil
sind die Workshops für angehende Musiker sowie
das Junior Jazz Meeting, das junge Musiker auf die
nachmittägliche Off-Bühne am Viehmarktplatz
bringt. Am Abend finden auch sie sich vor der
Hauptbühne ein, um zu sehen und zu hören, was
die Arrivierten und Stars zu bieten haben, die der
Veranstalter und Bassist Walter Schmocker und
sein Team in den Hochsommertagen immer wieder
für das Emmental gewinnen können.
Virtuose Zwillinge
Viel junges Publikum also, und erst noch jazz-
kundiges. Da brauchte der Pianist Jean-Michel
Pilc, der mit seinem Trio das Festival am Dienstag
auf der Hauptbühne startete, nur wenige Fetzen
des Themas von «Someday My Prince Will Come»
zu spielen – und schon kriegt man die ganze Melo-
die rund um die Kupferschmiede einen Abend
lang um die Ohren gesummt und gepfiffen. Was
Pilc mit den Zwillingsbrüdern Fran¸cois und Louis
Moutin an Bass und Schlagzeug bietet, ist über-
haupt eine Vorzeige-Performance. Die drei Fran-
zosen sprühen in jedem Augenblick vor Ideen und
interagieren derart aufmerksam und gleichberech-
tigt miteinander, dass die Frage, wer gerade soliert
und wer begleitet, kaum je zu beantworten ist. Die
Zwillinge, die ihre Instrumente beide souverän vir-
tuos bedienen, haben den Applaus jedenfalls min-
destens so oft in der Tasche wie Pilc. Das Trio
überlässt sich oft ganz der Spontanität und ver-
traut auf die offensichtliche Vertrautheit der Kol-
legen. Dass dann einmal ein Break oder Schluss
nicht klappt, gehört zum Risiko und ist die Kehr-
seite des freien Interplays.
Weniger solche Risikos nahm Snarky Puppy in
Kauf, die Band, die nach Pilc auftrat. Das Oktett
aus Texas trägt dick auf. Das Schlagwerk ist dop-
pelt besetzt, ebenso die Tasteninstrumente. Und
der Bandleader Michael League unterlegt mit sei-
nem fetten, lauten Bass. Allein, die Rhythmus-
gruppe hämmerte die Beats, die gewiss eine eigen-
ständige Mischung aus Funk, Soul und Pop darstel-
len, mit solcher Wucht in den Saal hinaus, dass für
solistische Entfaltung nicht mehr viel Raum blieb.
Die beiden Bläser kämpften meist um Gehör. Und
wenn der Pegel dann einmal tiefer lag, mochten sie
doch nicht allzu viel anfangen. Die Spezialität die-
ser Funk-Soul-Brüder ist halt das Grooven und
Rocken. Im Grunde müsste man hüpfen und tan-
zen, so wie es der schwarze Keyboarder Shaun
Martin tat. Der Mann hat etwas von B. A. aus der
Actionserie «A-Team» und sorgt mit Gags und Gri-
massen für heitere Stimmung.
Dass die Workshop-Studenten und die Stars auf
der Hauptbühne nicht zwei Gruppen sind, die auf
ewig getrennt bleiben müssen, dafür trat am Mitt-
woch die Gruppe E:Scape den Beweis an. Das Trio
um Michael Haudenschild ist quasi in Langnau
gross geworden, wie der Berner Pianist dem Publi-
kum erzählte. Als er mit dem Bassisten Benjamin
Muralt vor acht Jahren zum ersten Mal nach Lang-
nau gefahren sei – die Musiker müssen gerade im
ersten Bart gewesen sein –, hätten sie all diese Jazz-
Akkorde als ach so schwer empfunden. Dass jetzt
längst alles leicht sei, das hätten sie auch den Jazz
Nights zu verdanken.
Den Sympathiebonus, den sich die Kollegen von
E:Scape mit dieser Respektbezeugung gegenüber
der Kaderschmiede Langnau erschlichen, hätten
sie entbehren können. Haudenschilds Kompositio-
nen sind raffiniert, und insbesondere sein Zusam-
menspiel mit dem Bassisten klang fein ausgearbei-
tet. Clever ist, wie Haudenschild den Flügel und
das Rhodes-Keyboard kombiniert und die Phrasen
hin und her fliessen lässt. Etwas gar zahm und kon-
trolliert agierte Schlagzeuger Paul Amereller, der
die Rhythmen seiner Kollegen stets artig unter-
strich, aber nie selbst für Drive sorgte. Insgesamt
schien das Trio manchmal etwas auf der Bremse zu
stehen und seine Übungen im Stand zu machen.
Umso eindrücklicher war danach, wie The Bad
Plus und Joshua Redman zwischen rasend schnel-
len und gebremsten Passagen wechselten. Auch
rhythmisch und dynamisch lotet das Quartett
Extreme aus. Das mit dem Tenorsaxofonisten Red-
man erweiterte Trio um den Pianisten Ethan Iver-
son spielte weitgehend die Stücke ihres gemeinsa-
men Albums, allesamt Eigenkompositionen. Es
dominieren die klaren, einfachen Formen. Kurze
Vamps über wenigen Akkorden bilden oft das Ge-
rüst, das die Improvisatoren dann mit schelmischer
Spielfreude demontieren. Iverson und Redman be-
geisterten in Langnau mit witzigen und spektakulä-
ren Soli, die jedoch nie ausuferten, sich vielmehr
einer kurzweiligen Dramaturgie fügten.
Am Donnerstag konnte man sich in der Kupfer-
schmiede gleich noch einmal den – pädagogisch
wohl unverwertbaren – Unterschied zwischen
einer guten und einer ausgezeichneten Band vor
Ohren führen. Das niederländische Tineke Postma
Quartet lieferte soliden Jazz nach den Mustern des
Bebop und Hardbop. Die Alt- und Sopransaxofo-
nistin spielt ihre subtil vertrackten Eigenkomposi-
tionen mit einem weichen und warmen Klang, die
Soli waren wohlstrukturiert und halsbrecherisch
virtuos. Die Rhythmusgruppe swingte und beglei-
tete durchwegs «lege artium», wirkte dabei aller-
dings zu kontrolliert und etwas angestrengt.
Witz und Ernst
Das nachfolgende Quartett von Branford Marsalis
hingegen strahlte die Lockerheit bereits beim
Gang auf die Bühne aus. In Anzug und Krawatte
machte der Saxofonist ein paar Sprüche, dann war
Showtime. Für das Festivalpublikum stellte Marsa-
lis ein mitreissendes Set zusammen. Witz und Ernst
wechselten sich ab in seinem Spiel. Einmal ge-
mahnt sein Solo an den feierlichen Ton des späten
Coltrane, doch meist ging es fröhlich zu und her.
Die Momente grösster Ekstase gingen auf das Ge-
meinschaftskonto des Pianisten Joey Calderazzo
und des jungen Drummers Justin Faulkner, die sich
in funkensprühenden Interplays trafen. Sichtlich
Spass hatten die Männer bei ihren Ausflügen in
den Blues und die Two-Beat-Rhythmen aus New
Orleans. Auf den Heimweg gab Marsalis dem be-
geisterten Publikum quasi eine Botschaft mit –
eine süffige Interpretation von Duke Ellingtons «It
Don’t Mean a Thing (If It Ain’t Got That Swing)».
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Ron Winkler
verliebt zu Protokoll
ich habe mich in dich verstört,
vibriere dich
mit meinen weichen Wimperlingen,
du schwimmst den Schnee dir frei.
deine Lippen sind schon beim A
ein Beben Leben
und auch die Wangen klingen gut,
du bist so flauscher Rausch, führst
mich an dir aus, wir haben beide
Flimmernellen fast, sind wie verstrangt,
o tross mich
zart, ich habe nicht nur Herz,
ich hab auch «heart»,
von deinen Früchten nehm ich nur
den süssen Nebel: das ist mein Hebel
zu so etwas wie Sonne hin.
Freitag, 19. Juni 2015
V
Nr. 139
Neuö Zürcör Zäitung
Vorwärts und rüc
Ein Interview mit dem amerikanischen Jazzpianisten
Et an Iverson, Sie waren vor Jahren Lead r eines
eigenen Piano-Trios. Unterdessen aber kennt man
Sie vor allem als Pianist des Trios The Bad Plus.
Was ist der Unterschied beider Formationen?
Th Bad Plus ist etwas ganz anderes. Hier bin ich
froh um zw i ge iale Co-Leader, d n Bassisten
Reid Anderson und den Schlagzeuger Dave King.
So sind es drei Personen, die sich die ganze Arbeit
teilen. Das ist viel besser, als wenn man für alles
alleine verantwortl ch ist. D e Kollegen kümmern
sich u zahlreiche ästhetische oder technische Fra-
gen, in denen ich mich nicht sicher fühle. Dave ist
zuständig für die ganze Cover-Art, Reid bestimmt,
wie wir nsere Musik aufnehmen, wie die Aufn h-
men klingen sollen.
Im Unterschied zu den meisten Jazzformationen
gibt es keinen Bandleader bei The Bad Plus – hat
sich das einfach so ergeben?
Nein, es war eine sehr bewusste Entscheidung,
diese Gruppe demokratisch zu führen. Das gilt
all rdings auch für andere Formationen, in denen
ich mitspiele; etwa für das Quartett Buffalo Colli-
sion [mit Tim Berne, Hank Roberts, Dave King],
wo wir durchwegs frei improvisieren. Da bewährt
sich die musikalische Demokratie erst recht.
Verstehen Sie Jazz als demokratische Musik?
Na ja, man muss das von Fall zu Fall anschauen.
Man kann aber sicherlich sagen, dass Bassisten und
Schlagzeuger en Sound in vielen Bands und im
Speziellen in den bedeutenden Piano-Trios mitbe-
stimmt haben. Ich glaube nicht, dass ein Ahmad
Jamal dem Bassisten Israel Crosby oder dem
Drumm r Vernel Fourni r sagte, was sie zu spiele
hatten. Der Sound einer Band ist immer de Sound
aller Musiker, die zusammenspielen. Insofern ist es
nicht gerecht, wenn Trios bloss den Namen des Pia-
nisten tragen. Man sollte gar nicht von Piano-Trios
sprechen, sondern von Piano-Bass-Drums-Trios.
Seit Jahren ist das Trio im Jazz sehr präsent. Haben
Sie eine Erklärung dafür?
Ich glaube, dass im heutigen Jazz der Akzent ver-
mehrt auf Interaktion, auf Interplay gelegt wird –
dafür ist das Trio einfach ideal. In einem Sextett ist
der Raum für die gemeinsame Kreativität geringer.
Je mehr Musiker zusammenspielen, desto schwieri-
ger die Interaktion.
Viele Bad-Plus-Stücke lassen an einen narrativen
Hintergrund denken: zum Beispiel «The Empire
Strikes Backwards» oder «Keep The Bugs Off Your
Glass and the Bears Off Your Ass». Was hat es mit
solchen Titeln auf sich?
Es gibt verschiedene Erklärungsmöglichkeiten –
Masse vorgegeben, als wenn man als Jazzer einen
Black-Sabbath-Titel interpretiert. Letzteres, glau-
be ich, geht nur mit einem adäquaten Arrange-
ment. Und so kann man bei einer Jam-Session auch
nicht einfach einen Nirvana-Titel vorschlagen –
auch wenn ihn alle kennen, geht das nur mit spe-
ziellem Arrangement. Das Problem ist, dass die
Rock- und Pop-Kompositionen zumeist nicht für
Piano, sondern für Gitarre geschrieben sind.
Letztes Jahr haben Sie mit The Bad Plus das Album
«The Rite Of Spring» herausgebracht, Ihre Interpre-
tation von Strawinskys «Le Sacre du printemps».
Und in Ihrem Blog «Do The Math» schrieben Sie
Ja, auch das ist ein
hat eben viel mit d
tun: Als Jazz aus d
schen Kultur fiel, t
zur Musik von M
Hop und so weiter
immer die Schwar
kommen, zu dene
war 1920 so – und
Ist die afroamerik
heutigen Jazz? Es
ker wie der Piani
Pop in ihre Musik
Ethan Iverson spielt Kompositionen von Nirvana und Strawinsky. Ebenso
Auflage: 124 000
1...,3,4,5,6,7,8,9,10,11,12 14,15,16,17,18,19,20,21,22,23,...24
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