Medienspiegel Langnau Jazz Nights 2015 - page 4

Medienspiegel
Auflage: 130 000
4
Magazin
LANGNAU JAZZ NIGHTS
Er brachte den Sound der Grossstadt
New York in den Emmentaler Krachen: Walter Schmocker. Vor
25 Jahren gründete er die Langnau Jazz Nights, die morgen in die
Jubiläumsausgabe starten. Im Gespräch erinnert er sich an die
Anfänge und erzählt, wie er selber zum Jazz gekommen ist.
Herr Schmocker, wie kommt
man auf die Idee, den Jazz nach
Langnau zu bringen?
Walter Schmocker:
Ich kam da-
mals, vor 25 Jahren, gerade aus
Boston zurück, wo ich an der
Jazzschule eine Reihe vonWahn-
sinnsmusikern kennen gelernt
hatte. So kam ich auf die Idee, mit
diesen wunderbaren Musikern
und Pädagogen in Langnau etwas
zu machen. Wir begannen da-
mals ganz klein im Kurszentrum
Dorfberg oberhalb von Langnau
mit Workshops und Konzerten.
Alle wohnten dort oben. Der Un-
terricht war dort, auch die Kon-
zerte. Alles war viel intimer. Das
Ganze wurde dann Jahr für Jahr
grösser, bis wir uns entschieden,
die Konzerte in die Kupfer-
schmiede zu verlegen. Und wenn
du ein so grosses Lokal hast, dann
musst du auch Bands engagieren,
die es füllen. Ganz einfach.
Bands, welche die Kupfer-
schmiede füllen, haben Sie heu-
te zuhauf. Wie überzeugen Sie
einen John Scofield, einen Dave
Holland oder einen Branford
Marsalis, nach Langnau zu
fahren?
Zuerst ganz banal: Die Bands
müssen verfügbar sein. Denn die
kommen nicht für ein einziges
Konzert nach Europa. Dann
merkten wir, dass im übrigen
Europa kaummehr Geld für Kul-
tur ausgegeben wird.
Und
schliesslich spielt uns der tiefe
Dollarkurs in die Hände. Damit
werden auf einmal Bands bezahl-
bar, die für uns sonst uner-
schwinglich sind.
Sie zählen die ökonomischen
Faktoren auf. Das wird nicht das
ganze Geheimnis sein, oder?
Das stimmt. Persönliche Bezie-
hungen spielen durchaus eine
Rolle. Es war zum Beispiel schon
immer ein Traum von mir, ein-
mal Branford Marsalis in Lang-
nau zu haben. Der Pianist seiner
Band ist Joey Calderazzo. Und
dieser ist ein alter Freund von
mir. Joey war vor 25 Jahren bei
der erstenAusgabe auf demDorf-
berg mit dabei als Lehrer. Ich
freue mich sehr, ihn dieses Jahr
wiederzusehen in Langnau!
Neben den Konzerten liegt Ih-
nen die Vermittlung am Herzen:
Die Jazzworkshops für junge
«Rockmusik hat mich nicht gefordert»
Musiker sind ein wichtiger Be-
standteil der Langnau Jazz
Nights. Wie sind Sie selbst zum
Jazz gekommen?
Ich habe mit Rockmusik ange-
fangen. Zusammen mit Schifer
Schafer habe ich eine Band ge-
gründet, als wir etwa zwölf wa-
ren. In Interlaken, wo ich her-
komme, gingen wir bei Polo Ho-
fer im Übungskeller ein und aus.
AberalsBassistwarmirdieRock-
musik irgendwann zu wenig her-
ausfordernd. Ich habe dann den
Basler Bassisten Isla Eckinger
getroffen. Eine Koryphäe! Der
wurde mein Mentor. Wenn ich
bei ihm Unterricht hatte, dann
haben wir am Mittag begonnen
und bis in die Nacht hinein ge-
spielt. Zwischendurch gingen wir
essen und trinken. Weil es jeweils
so spät wurde, fuhr kein Zug
mehr. Ich musste bei ihm über-
nachten, wo wir noch bis zum
Kamüber den Bassisten Isla Eckinger zum Jazz:
Walter Schmocker, Gründer der Langnau Jazz Nights.
Hans Wüthrich
FESTIVAL-PROGRAMM
Der
Pariser Pianist Jean-Michel
Pilc
eröffnet morgen das Festival,
gefolgt vom
New Yorker Band-
kollektiv Snarky Puppy.
Am
Mittwoch spielt
E:scape von Mi-
chael Hauenschild,
der letztes
Jahr den Klavierwettbewerb der
Jazz Nights gewonnen hat. Es
folgt
The Bad Plus mit dem Sa-
xofonisten Joshua Redman.
Am
Donnerstag stehen
die Saxofo-
nistin Tineke Postma und Bran-
ford Marsalis
mit ihren jeweili-
gen Bands auf dem Programm.
Die junge
Sängerin Thana Alexa
mit «The Life of Songs» eröffnet
den Freitag.
Dave Holland,
der
mit seinem Quartett das zweite
Konzert bestreitet, ist ein häufi-
ger Gast der Jazz Nights. Das Vor-
abendkonzertamSamstagfindet
traditionellerweise in der evan-
gelischen Kirche statt, wo die
Sängerin Houry Dora Apartian
ihre Band vorstellt. Die Abend-
konzerte in der Kupferschmiede
eröffnet das
Junior Jazz Orchest-
ra,
welches das Gelernte aus den
Jazzworkshops vorstellt (siehe
Haupttext). Das Programm endet
mit
Scott Coley’s Transient Uni-
verse und dem Robert Glasper
Trio.
loh
Langnau Jazz Nights:
21. bis 25. Juli.
Weitere Informationen und die ge-
nauen Spielzeiten finden Sie auf:
.
Morgengrauen Platten hörten.
So habe ich den Jazz entdeckt.
Kommt man während der Jazz
Nights nach Langnau, fällt als
Erstes das Off-Festival auf dem
Viehmarktplatz auf: Ganz Lang-
nau trifft sich dort. Waren die
Anwohner schon immer so jazz-
begeistert?
Ganz im Gegenteil! Am Anfang
war es sehr schwierig. Niemand
hat verstanden, was wir da ma-
chen mit dieser Musik. Über die
Jahre hat sich das wahnsinnig
entwickelt. Und heute macht das
ganze Dorf mit: vom Metzger
über die Bäckerei bis zu den loka-
len Banken. Das ist wunder-
schön. Der Kulturpreis von Lang-
nau, denwir letztes Jahr erhalten
haben, ist eine schöne Anerken-
nung für unsere Arbeit. Man
muss aber auch sagen, dass die
wenigsten dann auch tatsächlich
in die Kupferschmiede an die
Konzerte kommen. Der Vieh-
marktplatz, das ist das Dorffest,
und das ist super! Das Publikum
in der Kupferschmiede hingegen
ist ein anderes.
Wer kommt an die Konzerte?
Die Leute kommen von überall
her. Es kommt vor, dass mir je-
mand aus Warschau schreibt und
wissen will, ob diese oder jene
Band auch wirklich in Langnau
spielt, weil er sie unbedingt hö-
ren will.
Interview: David Loher
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«Am Anfang hat
niemand verstan-
den, was wir da ma-
chen mit dieser Mu-
sik. Über die Jahre
hat sich das wahn-
sinnig entwickelt.
Und heute macht
das ganze Dorf mit.»
Walter Schmocker
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