Medienspiegel Langnau Jazz Nights 2014 - page 13

Medienspiegel
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Gesamtauflage:169 000
dem Gitarristen Kevin Eubanks. Viel-
leicht hatte der Meister in Langnau ein-
fach keine Lust, sich mehr als Routine
einfallen zu lassen. Diesem «Dienst nach
Vorschrift», dem sich über weite Passa-
gen auch seine Mitmusiker anschlossen,
leisten die ganz nach den «alten» Rock-
jazz-Mustern gestrickten Kompositionen
allerdings auch Vorschub: Sie sind nicht
selten nach einer Art Baukastensystem
konstruiert: Man kombiniert ein be-
stimmtes Rhythmuspattern, eine repeti-
tive Bassfigur, ein rockiges Gitarrenriff
und einige Melodiepartikel; und fügt
diese Elemente dann zu grösseren
Strukturen zusammen, die man an bes-
seren Tagen mit hochfliegenden Ideen,
Esprit und inspiriertem Zusammenspiel
zum Leben bringt, an schlechten Tagen
aber einfach abschreiten kann.
Entschädigt wurde man durch das
Quartett Baida des Trompeters Ralph
Alessi mit dem Gastsaxofonisten Greg Os-
by: Die New Yorker spielen eine hocharti-
fizielle, intellektuelle Variante der weissen
Brooklyn-Avantgarde: komplex kon-
struierte, bis ins letzte Detail ausgeklügel-
te Kompositionen über dicht getrommel-
te Polyrhythmen ohne den gängigen fe-
dernden Jazzswing der Becken. Die Soli:
asymmetrische Melodiefragmente, die in
immer wieder neuen Anläufen zusam-
menmontiert, wieder auseinandergeris-
sen und neu montiert werden; eine Mu-
sik, die hohe Konzentration erfordert.
Ganz anders zum Festivalbeginn der
Pianist Kenny Werner. Er gehört nicht
zu den Superstars, ist aber hochbegehr-
ter Musician’s Musician, der mit allen
möglichen Koryphäen zwischen Charles
Mingus und Archie Shepp, Jack DeJoh-
nette und Dave Douglas gespielt hat und
in allen möglichen Pianostilistiken zu
Hause ist. Sein Trio mit dem Bassisten
Johannes Weidenmüller und dem
Schlagzeuger Ari Hoenig gehörte zum
Besten des diesjährigen Festivals: So in-
nig, so inspiriert und spielfreudig war
sonst keine andere Gruppe. Und: Wie
Ari Hoenig Werners Ideen aufgriff, kom-
mentierte, ergänzte, weiterspann, zu-
rückspielte – dieses blitzschnelle raffi-
nierte Hin und Her zwischen Piano und
Schlagzeug, das ist kaum zu überbieten.
Eine Überraschung waren die 23-jäh-
rige Pianistin Marie Krüttli und ihre ei-
genwilligen Kompositionen. Wenn sich
die junge Genferin von ihren schläfrigen
Begleitern befreien kann, wird sie bald
auch schweizweit zu hören sein.
llste Sommerfestival
angnaumehr amerikanische Jazzprominenz als sonst in der Schweiz
ler Flügelhornist, spielte in Langnau mit Vorliebe Balladen, Standards und einfache Eigenkompositionen.
CHRISTOPH GRAF
Viktor Giacobbo
Komiker und Regisseur, über seinen
Film «Der grosse Kanton»
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