Medienspiegel Langnau Jazz Nights 2023

90 PREVIEWS J A Z Z BEZAU BEATZ, 10.–13.8.2023 – DAS FESTIVAL IM BREGENZERWALD Zum 16. Mal findet in Bezau/Vorarlberg das Festival Bezau Beatz statt. Kuratiert wird der viertägige Anlass von Schlagzeuger Alfred Vogel, der das Festival auch initiiert hat. Bezau Beatz lebt von seiner Lage im Bregenzerwald, seinen einzigartigen Locations und natürlich einem fein sortierten Programm, das auch dieses Jahr wieder ein paar gute Überraschungen bereithält. Eröffnet wird Bezau Beatz vom Frauenquartett Hilde: Julia Brüssel (v), Marie Daniels (voc), Maria Trautmann (tb) und Emily Wittbrodt (vc) wagen sich mit freier Improvisation gekonnt vom Abstrakten ins Lyrische vor. In der Formation The True Harry Nulz treffen die Schweizer von The Great Harry Hillmann auf die Österreicher von Edi Nulz. Der norwegische Gitarrist Stian Westerhus – bekannt als Mitglied der Band Puma und durch seine Zusammenarbeit mit Nils Petter Molvaer – gibt ein Solokonzert in der Pfarrkirche. Die griechisch-deutsche Bassistin Athina Kontou verbindet griechische Liedtraditionen mit zeitgenössischem Jazz. Mit Luise Volkmann (s), Lucas Leidinger (p) und Dominik Mahnig (dr) bildet sie das Quartett Mother, dessen Album ”Tziaveri” letztes Jahr für den Preis der Deutschen Schallplattenkritik nominiert wurde. Das Duo von Pianist Elias Stemeseder und Schlagzeuger Christian Lillinger ist eine Wucht an kreativer Improvisation. Hypochondrische Ängste zeugen laut Eigenbeschrieb vom Versuch, ”Text und Musik zusammenzubringen, ohne Songs zu machen”. Das Kapital ist ein Trio mit dem deutschen Saxophonisten Daniel Erdmann, dem dänischen Gitarristen Hasse Poulsen und dem französischen Schlagzeuger Edward Perraud. ”Erschaffen und Teilen” statt ”AssoziatiFOTO: PD/ZVG on und Dekonstruktion” ist das Credo des top besetzten Berliner Quartetts Philm mit Philipp Gropper, Robert Landfermann, Oliver Steindle und Elias Stemeseder. Aus der Jazzszene Portugals kommen Bode Wilson, die mit viel Freiheiten interagieren. Das finnische Free Jazz Trio Plop (Gewinner des finnischen Record-Awards 2022) tritt mit dem 87-jährigen Saxophonisten Juhani ”Junnu” Aaltonen auf. Zum Ensemble des deutschen Schlagzeugers Tilo Weber gehören die Sängerinnen Almut Kühne und Pia Davila. Der französische Schlagzeuger und Komponist Tankcrède D. Kummer stellt seine Musik mit dem Pianisten Remi Ploton und dem Bassisten Samuel Mastorakis in Bezau vor. Zu hören sind ferner Sinaubi Zawose mit ”tribe music” aus Tansania, das österreichische Johann Kabel Quartett sowie Billy Martin, der Schlagzeuger von Medeski, Martin & Wood, der das Bezau Beatz Orchestra leitet. Das Hauptquartier der Konzerte befindet sich in der Remise des Wäldlerbähnles. Weitere Austragungsorte sind eine Kunstschmiede, eine alte Säge, die Pfarrkirche, ein Restaurant und eine Zimmerei. Auf nach Bezau! Pirmin Bossart www.bezaubeatz.at Auch im 31. Jahr sind die Langnau Jazz Nights das bodenständige und familiäre Festival, das mit illustren internationalen Namen und interessanten Newcomern den Jazz am Puls der Zeit hält. Die Langnau Jazz Nights sind ein Festival, das nicht marktschreierisch auftrumpfen muss, um die neusten Hypes der Szene zu feiern. Stattdessen werden Jahr für Jahr ein paar solide Pflöcke eingeschlagen, zu denen bekannte internationale Musikerinnen und Musiker gehören, die regelmässig für Jazz-Erlebnisse sorgen. Viele von ihnen geben während der Woche Workshops und wirken mit ihren Impulsen auf die jungen Kurs-Teilnehmenden, die sich dann jeweils auf dem Viehmarktplatz mit ihren neuen Inspirationen vor einem Publikum präsentieren können. Nicht das erste Mal in Langnau zu Gast ist Gitarrist Mike Stern, der in seinem 70. Lebensjahr mit Leni Stern (g, n’goni, voc), Bob Franceschini (s), Jimmy Haslip (eb) und Dennis Chambers (dr) auftritt. Stern ist einer der weltbesten Gitarristen aus der Jazz-FusionLiga. Gross geworden ist er mit Blood Sweat & Tears und Miles Davis, Jaco Pastorius und den Brecker Brothers. Einen schönen Kontrast zu diesem bekannnten Namen bildet am gleichen Eröffnungsabend das Trio der jungen Gitarristin Mareille Merck. Die aus Rügen stammende und in Zürich lebende Musikerin hat ebenfalls einen rockigen Background. Sie versteht es, diese Riffs und Akzente in atmosphärische und melodische Stimmungsbilder zu verweben, wie das aktuell auch auf dem zweiten Album zu hören ist. Ihr Trio Larus ist mit Francesco Losavio (b) und Janic Haller (dr) besetzt. Richard Bona (el-b, voc) und Alfredo Rodriguez (p, voc) sind ein Duo, bei deren Gründung Quincy Jones die Finger im Spiel hatte. Virtuos und melodiös bringen sie ihre ganz unterschiedlichen musikalischen Wurzeln zusammen und haben seit Jahren Erfolg damit. Pianist Tylor Eigsti, in seinen jungen Jahren als Wunderkind gefeiert, kommt mit Antonio Sanchez (dr) und Harish Raghvan (b) nach Langnau. Eine satte Portion zeitgenössischen Jazz bietet der Donnerstagabend: zum einen mit dem Trio ”Circuits” von Chris Potter (s), James Francies (p, keys) und Eric Harland (dr) (siehe separater Artikel in dieser Ausgabe), zum andern mit dem Trio Twi-Life des in New York lebenden Saxophonisten Marcus Strickland. Strickland stellt sein neuestes Album ”The Universe’s Wildest Dream” vor, das verschiedene Spielarten der Black Music zusammenbringt und von einem spirituellen Bewusstsein für die Schönheit dieses Planeten und der Sorgfalt für dessen Erhalt angesichts des Klimawandels geprägt ist. Ein einflussreicher Piano-Meister des modernen Jazz ist Kenny Barron, der seine Karriere mit Dizzy Gillespie begonnen hatte. Breit bekannt wurde er in den 1980er-Jahren im letzten Quartett von Stan Getz. Er ist ein Alleskönner, der swingt und mit Leichtigkeit improvisiert und ein entsprechend begehrter Sideman, der in den letzten 60 Jahren mit allen namhaften Jazz-Koryphäen gespielt hat. Dieses Jahr feiert er den 80. Geburtstag und kommt nun mit seiLANGNAU JAZZ NIGHTS, 25.–29.7.2023 – VIELFALT UND SOLIDE WELTKLASSE nem Trio das erste Mal nach Langnau. Mit dabei sind Bassist Kiyoshi Kitagawa und Schlagzeuger Jonathan Blake. Vor dem Kenny Barron Trio hat die afrofranzösische Kontrabassistin, Sängerin und Poetin Sélène Saint-Aimé mit Hermon Mehari (tp), Irving Acao (ts), Sonny Troupé (ka drum) und Boris Reine-Adèlaide (bélé dr) ihren Auftritt. Sie studierte mit Ron Carter und Steve Coleman. Ihre Musik ist stark von karibischen und afrikanischen Wurzeln geprägt. Die zwei Drummer legen eine bezwingende rhythmische Grundstruktur. Der Gesang von Sélène SaintAimé wurde auch schon als ”otherwordly scat” bezeichnet. Auf ihrem aktuellen Album mischen sich die musikalischen und spirituellen Roots ihrer karibischen Kultur mit jazziger Improvisation. Eine weitere Jazzsängerin ist Thana Alexa, die auch von Soul und zeitgenössisch ethnischer Musik geprägt ist. Sie spielt mit Caroline Davis (s), Philip Dizack (tp), Rachel Eckroth (p), Nir Felder (g), Harish Raghavsan (b) und Antonio Sanchez (dr). Zum Abschluss wird der israelische Trompeter Avishai Cohen mit seiner warmen Emotion für ein mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit grandioses Finale sorgen. Mit dabei: Yonathan Avishai (p), Barak Mori (b) und Ziv Ravitz (dr). Pirmin Bossart www.jazz-nights.ch FOTO: PD/ZVG FOTO: PALMA FIACCO Avishai Cohen Billy Martin Markus Strickland JNM_04_23_85-95_PRE.indd 90 26.06.23 11:03 Jazz’n’more • Juli / August 2023

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