Medienspiegel Langnau Jazz Nights 2018

d t « n t a g t v a a b e H B L I J Z u t g t « z s d « S K T a e P e d d a u g L « g g S D T 1 Eine Lektion in Sachen «Ruhe bewahren» E s muss sich gut anfühlen, Rädchen zu sein in einer Maschine, die Grosses er- möglicht – wie seit 1991 jeden Sommer die erfolgreichen Lang- nau Jazz Nights. Also melde ich mich als Festivalhelferin. Egal, wo. Jede Hilfe sei hochwillkom- men, freut sich Geschäftsführe- rin Angela Schenker und teilt mich bei der Essensausgabe auf dem Viehmarktplatz an der Kasse ein. Um 17 Uhr soll ich mich beimFestivaloffice melden, heisst es. Und dass ich mit Chris- tine Brigger zusammenarbeiten werde. Der Einsatz naht, ich bin nervös. Keine Ahnung, wie diese Kassie- rerei funktionieren wird. Früher als bestellt melde ich mich zu Dienst und erkundige mich nach meiner Chefin Christine Brigger. Schulterzucken. Ich werde erst an die Bar, dann zum Verpfle- gungsstand geschickt. Alle sind mit Vorbereiten beschäftigt, auf mich hat niemand gewartet, wer und wo diese Christine Brigger ist, weiss niemand. So stehe ich ziemlich blöd imZeug herum. Trotzdem lasse ichmir schonmal ein Helfershirt aushändigen – in der Hoffnung, dann vielleicht eher als «eine von ihnen» wahr- genommen zu werden. Inzwi- schen ist 17.30 Uhr. Ab 18 Uhr gibts Essen. Die ersten Gäste tröpfeln herein und studieren an den Tischen die Speisekarte. Gute Idee. Kann nicht schaden, mich mal mit den Preisen ver- traut zu machen. Wo bloss diese Fraumit der Kasse bleibt. Der für uns reservierte Tisch ist auch um 17.55 Uhr immer noch leer. Wenn sie nicht kommt . . . – ist das ja eigentlich nicht mein Problem. Auf der Bühne spielen die ersten Nachwuchskünstler. Nimmt mich wunder, ob sich Luca Stu- cki, der am Stand von «Zum Topf» Salate anrührt, auch lang- sam Sorgen macht über den Ver- bleib der Frau. Tut er nicht. «Sie kommt gleich, sie ist gerade noch auf der Bühne amSpielen.» Das Stück ist fertig, die ersten Gäste nähern sich der Verpfle- gung – und mit ihnen eine zierli- che Frau in langemSommerkleid, die das in den Händen trägt, wo- nach ich so lange Ausschau ge- halten hatte: eine Schachtel mit Material zum Betreiben eines Kassenstandes. «Ihnen hat ein Bassgefehlt,ichmusstenochkurz aushelfen», erklärt sie lächelnd und nimmt ohne jede Hektik am reserviertenTischPlatz. «So, jetzt richten wir uns erst einmal sorgfältig ein», sagt sie. DannerklärtsieinallerRuhe,wie alles funktioniert: blaue Bons für kleine Salate, rote für grosse, grüne für Sushi, gelbe für Crêpes. Alle andern Angebote stehen auf einem Kärtchen, auf dem wir die gewünschte Anzahl notieren. Dann den entsprechenden Be- trag einkassieren, Kärtchen und Bons mitgeben. Los gehts. Die Schlange ist lang. Die meis­ ten bestellen zum Glück eine oder höchstens zwei Speisen aufs Mal, sodass auch ich die Beträge gerade noch ohne Taschenrech- nen zusammenkriege. Man be- zahlt in Blues – in Münzen, die erst an einem andern Stand be- zogenwerdenmussten. Der Sprung ins kalte Wasser schadete nicht, bald tritt eine gewisse Routine ein. «Fisch- knusperli? Eine grosse Portion? 18 Blues.» Keine Viertelstunde nach Eröffnung der Essensaus- gabe heisst es, die Fischknusperli seien ausgegangen. Für viele un- fassbar. «Genau derentwegen sind wir doch hierhergekom- men», jammert eine Frau. Auch Christine Brigger, die den Job zum vierten Mal macht, kann die Planung der Küche nicht nach- vollziehen. Doch das Kopfschüt- teln hält nicht lange an. Eine Fehlinformation. Die Knusperli laufenweiter wie warmeWeggli. Aber jetzt steht ein Jüngling an, der einen Burger will. So viel ist klar. Nur welchen? Den Bebob mit Käse und Speck oder den Boom-Burger mit Mascarpone und Champignons? Ob er sich nicht erst an der Theke vorn ent- scheiden könne? Geht nicht, ich muss ja entweder hier oder dort eine 1 aufs Kärtchen schreiben. «Hm . . . Hm . . . Ach . . . Hm . . . Den Bebob. Und eine Portion Pom- mes.» – «Gross oder klein?» – «Wie gross ist die grosse?» – Zum Glück ist die Schlange übersicht- lich geworden, sodass genügend Raum bleibt für individuelle Be- ratungen. Schade,dassdieKücheum21Uhr den Ofen ausmacht. Der Job hat Spass gemacht. – Bleibt zu hoffen, dass das Resultat des Kassen- sturzes auch stimmig ausfallen wird. «Wird schon.Wir habenuns Mühe gegeben», sagt Christine Brigger. Sie ist die Gelassenheit inPerson. Susanne Graf Als Festivalhelferin bei den Langnau Jazz Nights kann man vieles lernen. An der Kasse zum Beispiel ein bisschen Kopfrechnen. Daneben gibt der Einsatz Gelegenheit, sich ausgiebig in Gelassenheit zu üben. SERIE Seitensprung SERIE Für einmal gehen wir fremd. Unsere Sommerserie Seiten­ sprung machts möglich – ganz ohne Hintergedanken ver­ suchen wir Redaktorinnen und Redaktoren uns in anderen Berufen. Weil wir immer schon mal unsere eigenen Brötchen backen, auf Kehricht­ sammeltour gehen, metzgen, beerdigen, servieren oder am Fliessband arbeiten wollten. Und dabei so tun, als wären wir nicht nur einfache Schreibtischtäter. Sie können uns dabei in den nächsten Wochen begleiten. AUFTAKTKONZERTE Die Combo des Saxofonisten Steve Coleman, geboren 1956 in Chicago, und jene des 16 Jah- re jüngeren Bassisten Christian McBride aus Philadelphia un- Tournee. Das Programm startet mit dem lebendigen «Pier One Import», komponiert von Trompeter Josh Evans. Dass Leader McBride seinen Bass oft gestrichen einsetzt, was im Jazz eher unüblich ist, überrascht bloss diejenigen, die seine Viel- seitigkeit nicht kennen. Wie ein Turm in der Schlacht steht er prominent in der Bühnenmitte und lässt keinen Zweifel auf- Ein gelungener Doppelgipfel Zwei ähnlich besetzte US- Bands begeisterten zum Start der Langnau Jazz Nights in der Kupferschmiede. Sie führten einmal mehr vor, wie weit ge- fächert aktuelle Jazzmusik ist. An der Kasse ist auch Beratung gefragt. BZ-Redaktorin Susanne Graf beantwortet die Fragen der Gäste. Foto:OlafNörrenberg Donnerst | 2

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