Medienspiegel Langnau Jazz Nights 2022

36 Finale Samstag, 23. Juli 2022 Kurt Tucholsky «Es gibt vielerlei Lärm, aber es gibt nur eine Stille.» O-Ton «Seelenwäsche» Ihre Form ist anders, als wir es gewohnt sind, und doch erkennen wir sie wieder: Körper, Wörter, Musik. In der Ausstellung «Seelenwäsche» des Psychiatrie-Museums Bern «inside/outside» im Kulturpunkt Progr treffen die Werke von Margrit Roth (1955-2014), Gabor Dios (*1953) und Philippe Saxer (19652013) aufeinander. Neben der Sprengung der Formen und dem starken emotionalen Ausdruck haben ihre Werke noch etwas anderes gemeinsam: Sie entstanden in der psychiatrische Klinik UPD Waldau. Zu sehen sind im Kulturpunkt Zeichnungen von Philippe Saxer und Margrit Roth und Ausschnitte aus einem Wandgemälde von Gabor Dios. (xen) Ausstellung im Kulturpunkt Progr, bis 3. September Sie sprengen dieFormen Tagestipp Murtenschlacht wird digitalisiert Kunst Das 100 Meter lange und 10 Meter hohe Panoramagemälde der Schlacht bei Murten wird an der ETH Lausanne (EPFL) dreidimensional digitalisiert. Das Jahrzehnte lang in einem Militärlager aufbewahrte Bild soll so der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. Aus dem Projekt wird eines der grössten jemals produzierten digitalen Bilder entstehen, wie die EPFL am Donnerstag mitteilte. Das 1893 vom deutschen Maler Louis Braun geschaffene Gemälde stellt den Moment dar, in dem die Eidgenossen während der Belagerung Murtens durch das Herzogtums Burgund im Jahr 1476 die Oberhand gewinnen. Es ist noch nie dauerhaft der Öffentlichkeit präsentiert worden. Ziel ist es, den digitalen Zwilling des Gemäldes rechtzeitig zum 550. Jahrestag der Schlacht im Jahr 2026 zu erstellen und der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. (sda) Ehrenpreis für Daisy Edgar-Jones Locarno Filmfestival Die britische Schauspielerin Daisy Edgar-Jones ist in der Hauptrolle von «Where the Crawdads Sing» (2022) zu sehen.An der 75.Ausgabe des Locarno Filmfestivals wird sie mit dem Ehrenpreis Leopard Club Award ausgezeichnet. Als eine «der hervorragendsten Schauspielerinnen ihrer Generation» lobten sie die Verantwortlichen. Der Preis soll ihr am 5. August auf der Piazza Grande verliehen werden. (sda) Nachrichten Susanne Graf Im Dezember 2015 hätte die Erfolgsstory der Langnauer Jazz Nights ein jähes Ende finden können. Jedenfalls hätte es nicht erstaunt, wenn der jeden Sommer stattfindende Grossanlass eine Zäsur erfahren hätte. Denn Walter Schmocker erlitt eine Hirnblutung. Der Initiant und Motor des Events fiel aus. Seine Gesundheit liess es nicht mehr zu, an all den Fäden zu ziehen, bis alles rund läuft, wenn in der letzten Juliwoche 4000 bis 5000 Personen nach Langnau kommen, um Jazz geniessen zu können. Im Sommer 2016 schlenderten aber wieder fremdländisch sprechende Menschen mit kleineren und grösseren Instrumentenkoffern durchs Dorf.Wieder herrschte unter dem Zeltdach des Viehmarktplatzes fast den ganzen Tag über Betrieb. Wieder erklang ab dem späteren Nachmittag Musik und füllten Jazztöne das Langnauer Dorfzentrum. Nachwuchsbands führten dem herbeiströmenden Publikum vor, was sie tagsüber in den Workshops gelernt hatten. Im Konzertlokal Kupferschmiede traten derweil Jazzgrössen mit Weltrang auf. Stiller Führungswechsel Kurz: Die Langnauer Jazz Nights gingen trotz der Abwesenheit ihres Zugpferds über die Bühne wie immer. Denn Angela Schenker übernahm das Ruder. Sie musste nicht erst lange eingeführt werden. «Seit ich 15 war, habe ich immer schon mitgeholfen», sagt die bald 42-jährige Tochter von Walter Schmocker. Zuerst unterstützte sie ihn in der Geschäftsleitung in einem 10-, ab 2013 in einem 20-Prozent-Pensum, 2015 übernahm sie die Hauptleitung. Sie blieb auch Geschäftsführerin, als es dem heute 69-Jährigen gesundheitlich wieder gut ging. Heute ist Angela Schenker zu 30 Prozent beim Verein angestellt. Daneben arbeitet sie als Geschäftsführerin des Swiss Jazz-Orchestra und hilft im anderen Betrieb mit, den ihr Vater gegründet hat: in der Vinothek an der Langnauer Kirchgasse. Ihr Vater sei «erstaunlich tolerant und offen geworden», sagt sie, wirft ihm ein neckisches Lächeln zu und hält fest: «Er lässt mich machen.» Alles Organisatorische und die ganze Administration laufen über sie. Gegen 30 Ressortleitende und seit diesem Jahr eine Praktikantin stehen Angela Schenker zur Seite. Gemeinsam bereiten sie sich auf die 30. Austragung der Jazz Nights vor. Nächste Woche kann sie endlich stattfinden, nachdem der Event wegen Corona zweimal pausieren musste. Bassist und Festivaldirektor Bei der Programmgestaltung redetWalter Schmocker immer noch ein gewichtiges Wort mit und lässt seine Beziehungen zur Jazzszene spielen. Er ist selber als Kontrabassist in derWelt herumgekommen. Als er Ende der 1980er-Jahre für Tonaufnahmen in Boston (USA) war, habe er dort am Berklee College of Music die Idee aufgeschnappt,Workshops für junge Jazzmusiker und -musikerinnen anzubieten, erzählt er. Zusammen mit seinem Freund Peter Eichenberger, der auf dem Dorfberg ein Kurszentrum führte, starteten sie dergleichen in kleinem Rahmen in Langnau. Ein Quartett, das gerade auf Europatournee war, habe die Kurse geleitet. Fünf Tage lang wurde 1991 musiziert. «Das sprach sich in der Szene herum», sagt Schmocker. Im zweiten Jahr seien die Workshops überfüllt gewesen, rund um den Dorfberg hätten Jazz-Fans aus aller Welt in Zelten campiert. Weil die lokale Bevölkerung auch von der Musik profitieren sollte, wurden die Konzerte auf eine Leinwand im Garten des Kulturzentrums projiziert. «Aber vom Dorf kam niemand», musste Schmocker feststellen. «Die Leute verstanden nicht, was wir machten.» Jazz-Hochburg Langnau Heute wissen die Langnauerinnen und Langnauer mit Jazz durchaus etwas anzufangen. «Sie haben ihn kennen und schätzen gelernt», sagt Angela Schenker. Es ist wohl nicht übertrieben zu sagen, Walter Schmocker habe den Musikstil ins Emmental gebracht. «Viele Jazzmusiker zogen in den letzten 30 Jahren nach Langnau, und viele ehemalige Musikschülerinnen und -schüler von hier haben eine Jazzschule besucht», sagt er. Als die Gemeinde Langnau 2014 erstmals einen Kulturpreis verlieh, gingen die 10’000 Franken nicht überraschend an den Verein, der die Jazz Nights organisiert. Dieser konnte das Geld gebrauchen. «Finanziell ist es immer ein Kampf», sagt Angela Schenker. Zwar werde die nicht gewinnorientierte Gruppe von der Gemeinde und dem Kanton unterstützt und profitiere jeweils von vielen Geld- und Sachspenden, aber es sei schwierig, kein Defizit einzufahren. Das Budget für die nächste Ausgabe beträgt 380’000 Franken. Aber wie schaffen es Angela Schenker und Walter Schmocker immer wieder, Weltstars in der Kupferschmiede auftreten zu lassen? «Die meisten Agenturen wissen, dass wir kein grosses Budget haben, dafür aber gut zu den Künstlerinnen und Künstlern schauen», sagt die Geschäftsführerin. Ihr Vater fügt hinzu: «Wir verwöhnen sie aber auch bis ‹a Bach abe›.» Man tische ihnen gesundes Essen auf, merke sich,wer welche Schokolade oder welchen Whisky besonders möge, erklärt sie. Das veranlasse den einen oder anderen Star, auf seiner Europatournee einen Abstecher nach Langnau einzuplanen. Obwohl Angela Schenker die Jazz Nights also in der familiären Art weiterführt, wie ihr Vater den Event aufgebaut hat, droht er ihr als Präsident des Vereins nun mit Entlassung. Sie riskiere ihren Job, wenn sie dieses Jahr nicht bereit sei, die Ansage an den Konzerten in der Kupferschmiede zu übernehmen. Schmocker sagts im Scherz, sähe es aber schon gern, wenn seine Tochter mehr ins Rampenlicht träte – und wenn sie selber auch als Musikerin aufträte. «Sie hätte so viel Talent zum Singen, das macht mich ‹sternsverruckt›», sagt er.AberAngela Schenkerwinkt ab. «Ich bleibe lieber im Hintergrund.» Gegensätze als Erfolgsrezept Vater und Tochter könnten unterschiedlicher nicht sein. «Er ist der Macher, hat Ideen und das Talent, andere mitzureissen», sagt Angela Schenker über ihren Vater. Sie selber sei überlegt, rechne alles von A bis Z durch und bringe seine Einfälle «auf den Boden». Vielleicht ist es gerade diese Kombination, die aus den Langnauer Jazz Nights seit 30 Jahren ein beliebtes Happening macht und dem Dorf für fünf Tage einen internationalen Touch verleiht. Die Welt des Jazz im Emmental Vom Vater zur Tochter Vor 30 Jahren organisierte Walter Schmocker erste Workshops. Nun lädt seine Tochter Weltstars an die Jazz Nights Langnau ein. «DieLeute verstanden nicht, was wir machten.» Walter Schmocker Initiant der Langnauer Jazz Nights Angela Schenker unterscheidet sich stark von ihrem Vater, Walter Schmocker. Aber die Liebe zum Jazz haben beide im Blut. Foto: Nicole Philipp Die Gemeinde stockt auf Der Gemeinderat von Langnau hat Ende Dezember 2021 beschlossen, den Leistungsvertrag mit dem Verein Langnau Jazz Nights für 2022 bis 2025 nicht nur zu verlängern, sondern die Pauschalentschädigung von bisher 20’000 auf neu 30’000 Franken pro Jahr zu erhöhen. Einerseits als Geschenk zum 30. Geburtstag. Andererseits aber auch als Würdigung für das grosse Engagement, das die Vereinsmitglieder und die Hundertschaft von Helfenden leisten würden, erklärt Gemeinderat Martin Lehmann (SP). Er ist in der Exekutive für die Kultur zuständig und hält fest: «Die Langnau Jazz Nights sind kulturell der wichtigste Event unserer Gemeinde.» Lehmann bezeichnet sie als «Leuchtturmveranstaltung mit Ausstrahlungskraft in die ganze Schweiz – und auch darüber hinaus». Dass sie nicht nur eingefleischte Jazzfans anspricht, erklärt er mit den «niederschwelligen» Konzerten, die jeweils bei Essen und Trinken auf dem Viehmarktplatz genossen werden können. (sgs) Plattform für den Nachwuchs Durch das ganze Programm (abrufbar unter https://jazz-nights. ch) der Langnau Jazz Nights, die von Dienstag bis Samstag stattfinden, zieht sich das Thema Nachwuchsförderung. Wenn auf dem Viehmarktplatz Konzerte stattfinden, sind es vorab junge Talente, die ihr Können zeigen. Aber auch die Gastronomie in der Kupferschmiede liegt in den Händen dreier Jungköche. Und die Plakate lässt der Langnauer Verein schon seit Jahren von angehenden Grafikerinnen und Grafikern gestalten, indem er mit der Zürcher Hochschule der Künste zusammenarbeitet. Das Siegerprojekt aus einem Wettbewerb unter den Studierenden bestimmt jeweils, wie der Event gegen aussen beworben wird. Für die 30. Jazz Nights entschied sich die Jury für eine Arbeit der Zürcherin Meret Mächler. Ihr Werk wurde in einem Wettbewerb, der in der Schweiz, Österreich und Deutschland durchgeführt wird, auch zu den «100 besten Plakaten 2020» gewählt. (sgs)

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